Mit einem spannenden Herzschlagfinale endete für mich am Wochenende das 24-Stunden-Rennen in Kelheim. Gemeinsam mit Marco, Ralf und Steffen im 4er-Team nahm ich erstmals an dieser Veranstaltung teil. Steffen’s Frau Heike hatte wir als Betreuerin dabei.
Wir hatten vorher viel gehört von der besonderen Stimmung in Kelheim insbesondere mit der Rennstrecke, die direkt durch das Festzelt führt. Und in der Tat, es ist so ganz anders als das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Alles eine Nummer kleiner, familiärer und stimmungsvoller, Partystimmung im Festzelt und auch am Anstieg draußen auf der Strecke. Und auch der Fahrerwechsel machmal ein kleines Abenteuer. Vor dem Holzbalken anhalten und zu Fuß mit dem Rad in der Hand den Staffelstab an den in der langen Schlange wartenden Teampartner übergeben, immer in der Hoffnung den Partner im Gewusel schnellstmöglich ausfindig zu machen. Das ist insbesondere, wenn man in einer Gruppe in die Wechselzone einfährt manchmal etwas chaotisch. Aber wir haben es immer irgendwie hinbekommen.

Aber von vorn. Die Anreise erfolgte am Freitag. Die erste Herausforderung war es, noch einen Platz in einem der Fahrerlager zu ergattern. Irgendwie war aber fast schon alles belegt als wir Freitag Nachmittag ankamen. In der hintersten Ecke “Am Alten Hafen” haben wir dann aber noch ein Plätzchen ergattert. Programmpunkt eins war damit abgearbeitet. Noch etwas aufbauen, Startunterlagen abholen und im Brauhaus ein leckeres Abendessen einnehmen.
Samstag, Raceday. Der Startschuß sollte um 14 Uhr erfolgen. Wer fährt als erstes? Eigentlich egal, also durfte ich. Wir hatten ausgemacht, dass jeder zwei Runden fährt, um uns Wechsel zu ersparen und längere Pausen zu haben, da wir nur mit 4 der maximal möglichen 5 Teamfahrer antraten. Also das übliche Procedere mit Warmfahren und an den Start stellen. Punkt 14 Uhr erfolgte der Startschuß unter tosendem Applaus zahlreicher Zuschauer. Die Strecke verlangt, dass es zu Beginn jeder Runde sofort in den Berg geht. Also gleich mal hoch mit Puls und Wattwerten. Eigentlich viel zu schnell los. Aber das ist irgendwie immer so. Am Berg gab’s immer wieder zahlreiche Anfeuerungsrufe und Musik zur Motivation. Nach dem Berg kommt die Abfahrt hinunter ins Altmühltal. Schnell, aber nicht so schnell, dass man sich ausruhen kann. Für eine gute Rundenzeit heißt es auch bergab ordentlich reintreten. Unten angekommen, gehts auf jederzeit perfekten Straßen fliegend schnell zurück nach Kelheim. Rechts um die Kurve, die kurze Brücke über die Altmühl im Wiegetritt voll hinaufdrücken, links, recht, links mit Vollgas und man ist bereits wieder auf dem Kopfsteinpflaster des Marktplatzes. Die Engstelle des Stadttores wird durchfahren, man rast zwischen den Absperrgittern auf’s Festzelt zu, die Gittern verengen sich noch mehr und man ist mitten in der Partylocation und in der Wechselzone. Oder aber man geht auf die nächste Runden, so wie ich. Das ganze gleich nochmal, weil’s so schön war. An dieses Spiel würde wir uns die nächsten 24 Stunden gewöhnen.
Es war ein ganz schön flotter Angang. Aber man will nach die Gruppe nicht einfach fahren lassen, um dann alleine im Wind zu stehen, also fährt man erstmal mit. Nach meiner zweiten Runde überhab ich den Staffelstab dann an Marco und war froh mich erstmal ausruhen zu dürfen. Dann ging’s zurück ins Fahrerlager, Beine hoch und ausruhen.
Wie war eigentlich das Wetter bisher? Achja, trocken, bewölkt, aber kein Regen. Für meine Verhältnisse mit nicht mal 20 Grad zu kühl.

Ohne besonderen Vorkommnisse spulte jeder im Team seine Runden ab. Unsere Rundenzeiten pendelten sich zumeist um die 30 Minuten ein. So durfte man nach ca. 3 Stunden wieder ran. In den Pausen hieß es ausruhen, Essen, Trinken und regenerieren so gut es geht.
Für mich liefen auch die weiteren Runden ganz gut, wenn auch sehr flott. Nur mein Magen zickte immermal wieder rum, was die Nahrungsaufnahme nicht leichter machte. Meine weiteren Runden gegen 17:45 Uhr, 21:40 Uhr liefen ohne große Besonderheiten ab. Am Berg war immernoch Stimmung, im Festzelt war die Party auf dem Höhepunkt, was ich aber bei der Durchfahrt nicht so richtig genießen konnte, da man hoch konzentriert sein musste, um sich nicht ins Absperrgitter zu wickeln. Auf jeden Fall war jetzt die Nacht hereingebrochen und es wurde zunehmend kälter. Außerdem wurde es zunehmend schwieriger unterwegs eine passende Gruppe zu finden. Das Leistungsniveau wurde zunehmend breiter. Die Rundenzeiten waren daher teils ein Glücksspiel, ob man sich im Flachstück mit jemandem abwechseln konnte oder nicht.
Meine nächsten und letzten Nachtrunden standen gegen dreiviertel Zwei an. Alle waren jetzt sichtbar müde und ausgelaugt. Die nächsten Stunden bis zum Sonnenaufgang würde für alle im Team hart werden. Aber eine schöne warme Dusche soll da ja auch helfen. Die anderen spulten ebenfalls ihre Runden ab und ich übernahm kurz nach 6 Uhr wieder den Staffelstab. Noch kalt aber bereits in der Sonne rollte ich um die Strecke. Über den Flüssen stieg der Nebel hinauf und die Sonne begann Berg und Tal zu wärmen. Ein toller Anblick, wären da nicht Beine und Körper, die sich ob der Strapazen immer wieder zu Wort meldeten. In der Nacht war unser Team von Platz 50 auf 60 abgerutscht, aber das war eigentlich Nebensache, da jeder sein bestes gab.
Meine letzten 2 Runden begannen dann kurz nach 10 Uhr. Ich übernahm von Steffen und feuerte nochmal voll in den Anstieg rein. Die Sonne gab inzwischen ihr bestes und es hatte bereits über 20 Grad. André-Wetter also. Das bestätigten mir auch sofort wieder die Beine. Da es meine letzten beiden Runden sein würden, musste ich jetzt auch nicht mehr mit den Kräften haushalten. Also fahren was geht. Es wurden dann fast zwei volle Solorunden, weil sich erst kurz vor dem Wechsel eine Gruppe bildete. Dann der Wechsel auf Marco und ich hatte Feierabend. Dachte ich. Pustekuchen, wie ich im Fahrerlager erfuhr. Wir rechneten Zeiten hoch, wieviele Runden wir noch bis 14 Uhr schaffen könnten. Wir würden die Fahrerreihenfolge abändern müssen. Steffen übernimmt für Ralf und wer sprintet dann die letzte Runde spitz auf Knopf um möglichst 14 Uhr im Ziel zu sein, um die Runde noch bewertet zu bekommen? Marco fährt grad, Steffen würde folgen und befand sich noch mitten in der notwendigen Regeneration. Also durfte ich nochmal. Grad war ich noch entspannt und jetzt musste ich mich doch nochmal fertig machen. Es würde verdammt eng werden, um vor 14 Uhr wieder da zu sein. Wir verfolgten den GPS-Tracker, wo sich Steffen gerade befand. Noch am anderen Ende der Strecke und keine 10 Minten mehr, bis ich eigentlich auf die Runde müsste, um noch realistische Chancen zu haben. Eine 30 Minuten Runden traute ich mir noch so, aber schneller? Nach diesen harten 24 Stunden? Nahezu unmöglich. Marco und ich hatten so gut wie abgeschlossen, da Steffen noch zu weit weg war. Aber ich bin trotzdem mal in die Wechselzone. Dort standen noch ca. 8 andere Fahrer und warteten auf den Wechsel. Die Uhr zählte unerbittlich runter. Fahr ich? Lass ich es? Ist doch nicht mehr zu schaffen. Ich musste an das Rennen in Schleiz 2016 denken, wo ich zu Katrin sagte, dass das Rennen erst auf dem Zielstrich zu Ende ist und nicht vorher. Wenn ich jetzt nicht fahre, würde mir das doch ewig vorgehalten werden. Also fahren. Die Restzeit zeigte nicht mal mehr 30 Minuten als Steffen endlich kam und an mich übergab.
Keine Taktik, keine Schonung, kein Kräfte einteilen. Einfach nur 16,3 km Vollgas und auf Mitfahrer hoffen. Ich raste in den Berg mit allem was ging, egal ob oben dann der Ofen aus ist. Da machen wir uns Gedanken wenn wir dort sind. Ich überholte einige, wenige Fahrer, die deutlich langsamer waren. Es war kaum noch jemand unterwegs. Keine Allianzen in Sicht. Aber jedem, der jetzt noch auf der Strecke war, wurde die Anfeuerung der Zuschauer zuteil. Die wussten genau, dass es eng zugeht und wir Fahrer jede Unterstützung brauchen. Ich kurbelte immer weiter. Fast schon oben am Gipfel immernoch keine Mitfahrer in Sicht. Oder doch? 100 Meter vor mir jemand, der sich immer wieder umdrehte und zu warten schien. Das ist gut. Oben war ich dran, kurz rufen, dass ich dran bin und kurze Erholgung im Windschatten. Dann begannen wir perfekt zu kreiseln. Wir beide wussten, was Sache ist und harmonierten perfekt. Durch die Abfahrt und rein ins Flachstück Richtung Kelheim. Von den Wattwerten und den Geschwindigkeiten musste es eigentlich reichen. Immer weiter alles was die Beine hergaben. Ja, das muss reichen. Ein paar Kilometer vor Kelheim holte uns dann noch eine kleine Gruppe ein, in die wir uns einklinkten. Alle arbeiteten vorbildlich also flogen wir mit Tempo 50+ auf die letzten Kurven zu. noch 500 Meter, Runden Zeit irgendwas mit 27 Minuten, das reicht. Letzte Kurve, nochmal beschleunigen und mit Vollgas übers Kopfsteinpflaster, durchs Spalier der Zuschauer und ein letztes Mal durch’s tobende Festzelt und über die Zeitnahme. Geschafft. Und nochmal meine zweitbeste Rundenzeit des Wochenendes in den Asphalt gebrannt. Restzeit ca 2:30min. Na da hätte ich ja langsamer fahren können ;)
Marco und Steffen nahmen mich sofort in Empfang und wir fielen uns in die Arme. Ich war glücklich, aber erstmal total fertig. Wie ein Maikäfer japste ich erstmal nach Luft. Aber es war geil.
Dann ging’s endlich an den gemütlich Teil. Ausruhen, zusammensitzen und ein Bierchen trinken. Wir hatten es geschafft und am Ende hat es mit 47 Runden, 769,625km zu Platz 58 von 126 Team gereicht. Aber die Platzierung ist Nebensache.
Kelheim 2017 war wirklich ein tolles Erlebnis und hat viel Spass gemacht. Nächstes Jahr wieder? Schau mer mal…