Nach dem Dreilaendergiro war die Luft bei mir raus. Das Jedermannrennen bei Rad am Ring wollte ich aber dann doch noch fahren. „Die grüne Hölle“ Nürburgring Nordschleife muss einmal im Jahr sein.
Die endgültige Entscheidung wollte ich vom Wetter abhängig machen. Die Aussichten sahen gut aus, also ab an den Ring. Welche Distanz sollte ich mir antun? 75 Kilometer bin ich schon mal gefahren, also nehmen wir die 150 km in Angriff, was 6 Runden bedeuten würde. Gesagt getan, Freitag die Anmeldeformalitäten erledigt und dann gab‘s kein zurück mehr.
Der Startschuß erfolgte pünktlich 12 Uhr Samstagmittag. Ich nahm das Rennen von ganz hinten im Startblock der Langstrecke in Angriff. Hatte ich mir vor dem Rennen noch Gedanken gemacht, dass es mit vorhergesagten 20 Grad „etwas zu frisch“ für mich sein würde, merkte ich schnell, dass es in der Sonne warm genug war.
Los ging‘s über den Grand-Prix-Kurs und hinaus auf die Nordschleife. Ich versuchte möglichst kraftsparend in den verschiedenen Grüppchen mitzurollen ohne zuviel Energie zu verschwenden, die würde ich schließlich noch brauchen. Es ging mit knapp 100 kmh hinunter in die Fuchsröhre und weiter zum tiefsten Punkt der Strecke, wo der Anstieg zur Hohen Acht, dem höchsten Punkt der Runde, begann. Bergtempo finden, nicht überziehen und kurbeln. Warm war es jetzt jedenfalls richtig und die Sonne brannte. Ebenso die Beine. In Runde eins gab‘s dann weiter keine besonderen Vorkommnisse und es begann Runde zwei. Läuft auch noch. Die Gruppen werden kleiner und man muss sich jetzt mehr und mehr Windschatten suchen.
Mein Getränkeplan war, in Runde drei an der Zusatzverpflegung zu Beginn des Anstiegs Flaschen nachzufüllen. Aber bereits in Runde zwei realisierte ich, dass die Verpflegung später öffnen würde. Einzige Option oben an der Hohen Acht im Getümmel anhalten. Und ich wusste bereits jetzt, ich würde neue Flaschen brauchen. Dementsprechend trank ich verhaltener, als ich es hätte tun sollen.
Die erste Quittung dafür bekam ich dann prompt an den ersten Wellen der dritten Runden. Wie immer Schwung mitnehmen, aus dem Sattel, die Welle wegdrücken. Autsch, Krampf. Zu wenig getrunken. Also das nächste Gel einwerfen und ne halbe Flasche süffeln.
Bei der dritten Auffahrt zur Hohen Acht waren die Beine jetzt deutlich spürbar. Die Kraft wurde weniger und es fühlte sich an, als würde ich stehen, so langsam kam ich mir vor. Aber nicht nur die Beine litten, der Rest des Körpers auch. Zudem wurde es immer schwieriger passende Hinterräder zu finden bzw. Leute mit denen man sich im Wind abwechseln konnte. Besonders auf der langen Döttinger Höhe mit ordentlichem Gegenwind nicht gerade optimal. Aber hat meist halbwegs gepasst.
Grand-Prix-Kurs Runde 4. Oh, eine schöne flotte Gruppe, also mitfahren. Aber bereits an der letzten Rampe auf dem Grand-Prix-Kurs platzte ich hinten weg. In der Abfahrt wieder Essen und Trinken. Die Flaschen waren jetzt fast leer. Es war klar, dass ich diese Runde anhalten muss, um Flaschen nachzufüllen. Ich verfluchte (mal wieder) die 18%-Rampe der Hohen Acht und bog ab an den Verpflegungsstand, ließ mir die Flasche füllen und trank drei Becher, bevor es weiterging. Ich saß noch nicht wieder auf dem Rad, als endlich das Quad mit der mobilen Getränkestation vorbeikam. Klasse Timing dachte ich. Hätte das nicht 2 Minuten eher kommen können, da hätte ich mir den Stopp sparen können. Egal, nicht mehr zu ändern. Weiter geht‘s und erstmal etwas erholen.
Ein weiteres Mal passierte ich Start/Ziel. Noch zwei Mal durch die „Hölle“. Genau dosiert, ja nicht überziehen, nur ankommen. Ich hatte zwischenzeitlich immer einen Blick auf meine Rundenzeiten geworfen und lag immer noch vor meinem Plan keine Rundenzeit über 55 Minuten zu haben. Da die ersten Runden sogar unter 50 Minuten waren, lag ich noch gut in Rennen. Auch wenn es sich alles andere als gut anfühlte.
Jeder Anstieg fühlte sich doppelt so steil an, ich schien so langsam voran zu kommen. Aber es ging allen so und hin und wieder konnte ich immer wieder zu anderen Fahrern mit schwarzer Startnummer (150km Rennen) aufschließen. Wenigstens geht‘s denen auch so, versuchte ich mich zu motivieren. Dann wurde ich von der Spitzengruppe überrundet.
Jetzt ein vorletztes Mal die Hohe Acht hochdrücken. Die Beine versagten fast den Dienst. Und hier muss ich nochmal hoch? Das wird ein Spass. Egal, darum kümmern wir uns später. Weiter ging‘s durch die rasanten Abfahrten Brünnchen und Pflanzgarten auf die Döttinger Höhe. Am Ende der Döttinger Höhe standen die Betreuer aller Teams und reichten ihren Fahrern jede Runde Wasser. Ich hatte keinen Betreuer und ärgerte mich jedesmal darüber. Aber ich würde die 150 km auf der Nordschleife eh nicht wieder fahren.
Noch einmal über Start/Ziel und über den Grand-Prix-Kurs. Dann hinaus auf die Nordschleife. In den Abfahrten ließ ich es nur noch rollen und jede Welle wurde zum Kraftakt. Die Beine wollten eigentlich nicht mehr, aber noch einmal Hohe Acht stand auf dem Programm. Mittlerweile hatte die zweite Verpflegung geöffnet, so konnte ich im Vorbeifahren nochmal Getränke zu mir nehmen. Dann zählte ich quasi die Kilometer bis nach oben. Quälend langsam schlich ich den Anstieg hinauf, andere waren noch langsamer. Ich schaute auf den Wattmesser und der zeigte Ernüchterndes, nicht mal mehr 240 waren drin. Andere würde vielleicht davon träumen, aber ich hätte mir in dem Moment doch etwas mehr gewünscht.
Ein letztes Mal durch Karussell und hinein in die 18%-Steigung. Die Beine waren tot, keine Ahnung wie ich oben angekommen bin. Der Blick ging nur noch über Kreuz, zum Glück hatte ich die Abfahrt für mich allein.
Auf der Döttinger Höhe reihte ich mich in eine Gruppe ein aus der ich an der letzten Welle gleich wieder herausflog. Das war egal, den letzten Kilometer schaffst du auch noch. Letzte Kurve, Zielgerade. Nochmal sprinten? Nö, heute nicht. Weder Kraft, noch Lust und wozu? Aber in Position bringen für ein Zielfoto. Dann war Feierabend.
6 mal Hölle und zurück. Ich war so platt, wie selten. Eines der härtesten Rennen, was ich je gefahren bin. Aber letztendlich war es doch wieder geil. Auf den letzten Metern überlegte ich, was härter war. Diese 150 km Nordschleife oder der Ötztaler Radmarathon letztes Jahr. Ich kann‘s nicht sagen, beides ähnlich, aber doch anders hart. Lag vielleicht auch daran, dass ich die letzten Wochen vor Rad am Ring kaum trainiert hatte.
Meine Zielzeit mit 5:05h war super, weit unter meinem Ziel. Unter die Top 200 zu fahren hatte ich mir vorgenommen, Platz 134 ist es geworden, auch super.

Fazit: Hölle, aber geil. Aber die 150 müssen es nicht nochmal sein.
Ich bin auf die offiziellen Fotos gespannt, die dieses Rennen der Leiden sicherlich deutlich von Runde zu Runde an meinem Gesichtsausdruck dokumentieren dürfte.