Das zweite Rennen des Jahres fand in Göttingen statt, die Tour d’Energie. Letztes Jahr noch auf der Langstrecke unterwegs startete ich dieses Jahr auf der 46km-Runde. Als einziger der Hallziger hinten in Startblock C einsortiert, musste die Devise von Anfang an “Aufholen” lauten. Irgendwie war ich gar nicht in Rennstimmung. Keine Aufregung, keinen besonderen Bock. Gemeinsam mit Sven und Robert reisten wir am Morgen nach Göttingen, wo wie beim Fahrerfrühstück auf die übrigen Fahrer des Hallzig Express trafen. Nach ausgiebiger Stärkung und in Empfangnahme der Startunterlagen machten wir uns auf den Weg zum Auto, um uns und unsere Rennmaschinen einsatzbereit zu machen. Nach kurzer Warmfahrphase, sortierte ich mich in die erste Reihe von Block C ein. Geplant war, wie im letzten Jahr, zunächst ein neutralisierter Start. In dieser Phase sollten die einzelnen Blöcke zusammengeführt werden, um am Roßdorfer Kreisel fliegend losgelassen zu werden.
Nur das mit der Neutralisierung klappte diesmal nicht. Block B vor uns rollte los und zwei verzweifelte Helfer vor Block C versuchten die Meute zurückzuhalten. Erfolglos. Noch auf dem Startgelände waren Block C und B vermischt. Ich hänge mich gleich an ein paar Jungs vom Team Strassacker, die wie vorher zu erfahren war, auch sofort nach vorne stürmen wollten. Gesagt getan. Sofort ging es also von null auf 40 (kmh) und der Puls sofort hoch. Keine Ahnung wieviele wir schon in den ersten Kilometern überholten, aber es waren sehr sehr viele.
Kurz nach dem scharfen Start flog ich mit meinem Zug an Gert vorbei, schaute noch kurz, ob er vielleicht ans Hinterrad kommen könnte, aber ich wollte den Zug nicht unterbrechen. Also ging es weiter nach vorne. Abwechselnd wurde Tempo gemacht, dann standen uns im Kreisverkehr noch zwei Begleitfahrzeuge im Weg und erblickte schon nach knapp 5 Kilometern die Trikots von Oli und Marko. Etwas verdutzt schrie ich den beiden im vorbeifliegen zu, sie sollen sich reinhängen. So langsam merkte ich aber, dass die Luft raus ist. Nicht nur bei mir, sondern auch beim Großteil der anderen in der immer kleiner werdenden Gruppe. Etwa 100 Meter vorn sah ich das Spitzenfeld samt Führungsfahrzeug. Oli und ich versuchten mit zwei, drei anderen das Loch zu schließen, schafften es aber nicht. Stefan seilte sich von vorn zu uns nach hinten und flog gleich wieder raus. Vorne die waren endgültig weg und der erste gemeine, kaum erkennbare Anstieg, zog die nicht mehr vorhandenen Körner aus dem Beinen. Und hinzu gesellte sich Wind von seitlich vorn. Gemeinsam mit Oli kurbelte ich weiter. Irgendwie erholen und Kräfte sammeln hieß es. Das fiel aber deutlich schwer. Ein paar Kilometer weiter, bildete sich einer Vierergruppe und wir fuhren Windkante. Immer wieder überholten wir versprengte Fahrer, obwohl wir nicht besonders schnell waren.
Irgendwann war dann dieser blöde Anstieg beendet und es begann eine Abfahrt. Jetzt sogar mit Rückenwind. Mittlerweile nur noch zu zwei, Oli musste reißen lassen, hämmerten wir in die Abfahrt und ich holte noch einen Fahrer vorn ein. Den Sog seinen Windschattens hatte ich unterschätzt und so musste ich bei Tempo 60 oder sowas in einer KUrve, leicht bremsen, was mir mein Hinterad sofort mit dem Verlust des Bodenkontakts quittierte. Naja, mal wieder Schwein gehabt und weitergedonnert. Bremsen, enge Kurve, beschleunigen und gleich über die nächste kleine Kuppe hämmern und weiter bergab. Was sagt der Kilometerstand? Kurzer Blick auf den Tacho verrät: gleich beginnt der Hohe Hagen, der Scharfrichter auf der Strecke. Na Klasse, dachte ich. Bisher nicht wirklich Zeit gehabt sich zu erholen und jetzt wirds erst so richtig hart. Eigentlich war ich ja schon seit 15 Kilometern breit.
Rum um die Kurve und da begann der Anstieg. Im Gegensatz zum Vorjahr wusste ich diesmal, wann der Anstieg beginnt. Also sofort das eigene Tempo suchen. Aber die anderen die bisher am Hinterrad klebten, waren auch nicht schneller, im Gegenteil. Ich kurbelte und kurbelte, überholte ab und zu ein paar Leute, zwei, dreimal wurde ich überholt. Die dieses Jahr leider etwas spärlicher besetzte Zuschauerkulisse feuerte jeden von uns an und trieb uns hoch. Der Berg wollte einfach nicht enden. Irgendwie hatte ich den kürzer in Erinnerung. Es wurde etwas flacher und ich beschleunigte, aber das nächste Steilstück ließ nicht lange auf sich warten. Die Kraft in den Beinen war bereits nicht mehr vorhanden. Es ging im Prinzip nichts mehr, aber trotzdem überholte mich keiner mehr. Dann endlich oben. Schalten, beschleunigen und rein in die Abfahrt. Und jetzt 25 Kilometer mit Rückenwind nach Hause segeln. Gibt’s irgendwo ne Gruppe? Nein. 300 Meter vorn einer, direkt am Hinterrad einer. Einer ist besser als keiner. Erstmal ein Gel und trinken.
DerKollege vorn, schaute sich auch um, ob wir aufschließen. Offensichtlich war auch ihm bewusst, dass man gemeinsam schneller vorankam. Er wartet und so waren wir zumindest drei. Gemeinsam nahmen wir Fahrt auf und wechselten uns ständig in der Führung ab. Die Abfahrt lief locker mit 60-70 kmh. Der Windschatten war der Wahnsinn. Jedesmal wenn man aus der Führung ging, im Windschatten einscheerte, gab es so eine Beschleunigung, dass man sofort ca 10kmh mehr draufhatte und sofort wieder nach vorne schießen konnte (oder sich am Hinterrad des Vordermannes aufhängen konnte). So flogen wir immer weiter hinunter bis unsere Gruppe von hinten von zwei weiteren Fahrer verstärkt wurde. Sofort reihten sie sich mit ein und nur wurde zu fünft gekreiselt. Einer machte die Ansagen, wenn es was zu bemängeln gab und so ging es unaufhaltsam Richtung Göttingen. Wir kreiselten alle gemeinsam bis nach Göttingen hinein, wo dann kleinere Spielchen losgingen. Zumindest hatte ich das Gefühl, aber mir war es egal. 400 Meter vor dem Ziel wurde dann der Sprint eröffnet. Ich war zuvor in Führung gewesen und mir war schon klar, was die Kollegen vorhatten, aber wie immer war ich nur froh, dass ich sturzfrei bis hierher gekommen bin. Ich wurde dann noch dritter aus unserer Fünfergruppe und schoß unter dem Jubel zahlreicher Zuschauer über den Zielstrich. Geschafft. Und nicht mal so schlecht, wie ich vermutete.
Ein paar Minuten nach mir flogen dann auch Oli, Stefan und Marko ins Ziel. Dann ging’s erstmal zum Getränkestand und zur Pastaparty. Danach ging ich zum Auto, duschte mich und zog mich um. Jetzt musste ich noch auf Sven und Robert warten, die die große Runde fahren. Auch sie kamen dann irgendwann ins Ziel und wir wertete unsere Rennen aus.
Und dann hat es mich etwas ausgeknockt. Jetzt kamen die Strapazen des Rennen wieder hoch und ich brauchte erstmal ein paar Minuten für mich. Dass meine Form nicht mal annähernd so gut ist, wie letztes Jahr wusste ich vorher schon. Jetzt wußte ich ausserdem, dass es es mal wieder übertrieben hatte. Heute, einen Tag nach dem Rennen, wo ich diesen Artikel schreibe, gehts schon wieder. Was mich nur verwundert: Mit meiner unterirdischen Form, wurde ich in 1:20:45h bester meines Teams, 70. Gesamt und 26. in der Altersklasse. Dieses Ergebnis hätte ich mir jedenfalls nicht erträumen können.
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