Siegerehrung Circuit CyclingAm 09./10. Mai 2015 fand auf dem Formel-1-Kurs des Hockenheimrings die Jedermann-Radsportveranstaltung „Circuit Cycling“ statt, bei der es verschiedene Rennformate gab. Ich stand am Samstag gemeinsam mit Marco als 2er-Team im 10-Stunden-Rennen am Start.

Im Vorfeld versuchte ich bereits die Erwartungen niedrig zu halten, ob einer ungewissen Leistungsfähigkeit über diese Distanz meinerseits. Ich wollte die Sache erstmal kontrolliert angehen und schauen wie es läuft und ggf. hinten raus noch zulegen zu können. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Den Start fuhr Marco und er reihte sich in seiner ersten Fahrstunde gleich mal im Spitzenfeld gemischt mit Einzel-, 4er-Teamfahrern und weiteren 2er-Teams ein. Tempo dort? Irgendwas jenseits der 40 km/h. Na Klasse, so hatte ich mir das nicht vorgestellt. Kurz bevor ich auf die Strecke sollte, kann dann noch der Regen dazu, was das Fahren bekannt noch kritischer macht. Marco hatte mir kurz vorher einen fliegenden Wechsel angekündigt, so dass ich in der Gruppe bleiben konnte und gar keine Gedanken von „alleine fahren“ oder „es ruhiger angehen lassen“ bei mir aufkommen konnte. Ok, Wechsel erfolgt, rein in den Windschatten. Von da an ging es die nächste Runde nahezu ununterbrochen Vollgas mit der Gruppe mit. Der Regen machte das Kurvenfahren teilweise heikel und so legten sich in der Kurve vor der Mercedes-Tribüne jede Runde ein paar Leute flach. Ich fuhr die Kurven eher defensiv, was aber bedeutete, nach jeder Kurve ein Loch zufahren müssen. Eine gute Stunde blieb ich also draußen bis ich wieder zu Marco wechselte, der sich wieder in die Gruppe einklinkte.
Ich war jetzt erstmal ordentlich platt und wußte, dass ich dieses Tempo keinesfalls über die Distanz würde fahren können. Also erstmal essen, trinken und regenerieren so gut es ging.Zwischendurch warf ich dann immer wieder einen Blick auf das Leaderboard und schaute erstmal etwas verdutzt, als da für unser Team der Gesamtplatz sieben und der Platz eins auf das nächste Team in unserer Klasse mit über einer Runde Vorsprung zu Buche stand. Es wird wohl jedem Rennfahrer klar sein, dass man eine Führung nicht so einfach herschenken möchte, auch wenn der Körper etwas anderes signalisiert. Hoffnung war, dass es langsamer werden würde zumal sich die Gruppe langsam ausdünnte. So war ich dann auch bald wieder an der Reihe.
Von wegen es würde langsamer werden. Wir waren dank Marco immer noch in der Gruppe dabei und ich musste das jetzt halten. Zumindest trocknete die Strecke jetzt mehr und mehr ab. Aber das Tempo war mir gegen Ende meiner Stunde zu hoch, so dass ich eine Runde vor dem Wechsel reißen lassen musste und Marco einzeln auf die Strecke musste. Bei mir ging nix mehr und ich dachte so, dass Marco jetzt die restlichen sechs Stunden alleine fahren müsste.
Ich versuchte zu regenerieren so gut es ging, ob es funktioniert hatte, würde ich später erfahren. Was sagt das Leaderboard? Führung in der Klasse jetzt mit minimal mehr als einer Runde. Ergo: wenn ich wieder ran muss, gilt es irgendwie die Runde Vorsprung zu halten. Und vor allem unseren Gegner auf der Strecke ausfindig zu machen, um sich ggf. daran orientieren zu können. Vor dem Wechsel kündigte ich an, Marco sollte sich auf eine kürzere Pause einstellen, dass ich nicht wusste, ob ich nochmal ne Stunde schaffe. Aber man muss auch mal Glück haben. Als ich wieder im Rennen war, befand ich mich in einer kleinen Gruppe deren Tempo perfekt für mich war. Hinzu kam die Sonne kam heraus und es wurde wärmer. Mit steigenden Temperaturen merkte ich deutlich, dass ich mich erholt hatte und jetzt in dem Pulsbereich fahren konnte, den ich durchhalten würde. Und das Beste war dann, als ich die Startnummer unserer Verfolger direkt vor mir sah. Da hatte ich das Hinterrad, was wir am besten bis zum Ziel nicht mehr ziehen lassen sollten. Ich fühlte mich wieder so gut, dass ich auch Führungsarbeit machen konnte und länger als die geplanten 45 Minuten draußen blieb. Teilweise hatte ich da schon ein Grinsen gepaart mit Gänsehaut im Gesicht, ob der nun realistischen Chance hier was zu holen. An Marco hatte ich keinen Zweifel, mir signalisierte der Kopf „Junge das passt“ und als ich merkte unsere Gegner fahren auf dem gleichen Level bzw. haben genau wie ich ordentlich zu kämpfen, ging’s mir gleich noch besser.
Ich wollte noch drei Runden weiterfahren, da das Tempo ideal für mich war, wurde aber von Marco „ausgewechselt“, weil er mal noch ein paar taktische Spielchen machen wollte. Von mir aus gern. Gesagt getan. In meiner Pause wieder das gewohnte Spiel aus Regeneration und Leaderboard: Vorsprung unverändert.
Marco fuhr teilweise alleine oder in Minigruppen, aber nach wie vor stark auch wenn man ihm ansah, was er zuvor geleistet hatte. Aber das ist angesichts einen Durchschnittstempos von immer noch knapp 38 km/h nach über sechs Stunden kein Wunder.
Dann durfte ich zu meiner letzten Schicht ran. Wetter? Passt! Gruppe? Keine da, macht nix. Läuft! Fahr ich meinen Stiefel. Es fand sich aber schnell wieder ein kleines Grüppchen zusammen in der ich wieder die bekannte Rückennummer unserer Verfolger erspähte. Ich fühlte mich gut, aber wollte nichts mehr riskieren und nicht unnötig Energie verballern. Wer weiß wozu man die noch brauchen könnte. So ließ ich hauptsächlich die Anderen arbeiten. Bisschen egoistisch, aber das gehört zum Radsport. Ich war mir mittlerweile sicher, dass es reichen würde, solange kein technischer Defekt mehr dazwischenkommt. Einige hundert Meter vor dem finalen Wechsel konnte ich nicht anders und bin angetreten und aus der Gruppe weggesprungen. Ich konnte erstaunlich schnell einen Abstand erarbeiten und übergab dem verdutzt schauenden Marco mit mehreren Hundert Meter Vorsprung den Transponder für die letzten ca. 45 Minuten.
Für die finalen zwei Runden gesellte ich mich dann zu Marco auf die Strecke und wir fuhren noch etwas für die Galerie und schließlich gemeinsam durch Ziel und der Sieg in der Altersklasse mit einer Runde Vorsprung war perfekt, ebenso der siebente Gesamtplatz der 41 gestarteten 2er-Teams.
Unsere gemeinsame Ehrenrunde über den Kurs verlief dann ruhig und teilweise sehr emotional…

Am späteren Abend fand dann noch die Siegerehrung statt, wo wir unsere goldenen Medaille und die Urkunde überreicht bekamen.
Der unerwartete Sieg hat dann letztlich alle Schmerzen während des Rennens vergessen lassen. Wirklich realisiert haben wir dann erst am nächsten Tag. Danke Marco, ohne dich wäre das nie möglich gewesen, bärenstarke Leistung.

Die gefährlichen Seiten des Radsports mussten wir dann am Sonntag miterleben. Im 120km des German Cycling Cup startete unsere Freundin und Teamkollegin Steffi. Auch sie fuhr ein tolles Rennen bis sie durch eine, freundlich ausgedrückt, äußerst ungeschickte Aktion eines anderen Fahrers regelrecht umgefahren wurde, schwer stürzte und ins Krankenhaus musste. Mittlerweile können wir Entwarnung geben, dass es nichts allzu ernstes ist. Gute Besserung.