Dreiländergiro 2015Am vergangenen Sonntag stand mein persönliches Saisonhighlight in diesem Jahr auf dem Programm, der Dreiländergiro mit Start und Ziel in Nauders.

Mit dem Stilfser Joch, dem Ofenpass und der Norbertshöhe standen drei Alpenpässe, 168 Kilometer und 3300 Höhenmeter auf dem Programm. Für mich in jeglicher Hinsicht eine Premiere. Nie zuvor bin ich solch eine Distanz im Hochgebirge gefahren, noch ging es jemals zuvor für mich soweit hinauf (in fast 2800 m Höhe auf dem Stilfser Joch). Entsprechend angespannt wie das wohl werden würde, war ich dann in den Tagen zuvor.
Um das Wochenende so entspannt wie möglich angehen zu können, reisten die „Kuntabunten“ überwiegend bereits am Donnerstag nach Nauders. So blieb in den Folgetage noch etwas Zeit erste Höhenmeter auf der einen oder anderen Einrollrunde zu sammeln. Für mich verlief ein eigentlich sehr ruhige Einrollrunde alles andere als optimal. Ich war dann erstmal den nächsten Tag platt, als wäre ich den Giro selbst bereits gefahren. Das konnte ja was werden.
Für Sonntag versprach der Wetter strahlenden Sonnenschein und Temperaturen an die 30°C. Damit würden sich den Rennradlern nicht nur die Berge sondern auch die Hitze entgegenstellen. Da der Start bereits um 6:30 Uhr erfolgte, hieß es zum Einen zeitig aufzustehen und zum Anderen die passende Kleidung zu finden, die einen bei morgendlichen 10°C nicht allzu frieren lässt und später nicht zu warm sein würde. Das hat dann aber ganz gut geklappt.
Punkt 6:30 Uhr erschütterte ein kanonengleicher Startschuss das Alpenörtchen Nauders und nach und nach setzten sich insgesamt ca. 3000 Radler in Bewegung. Ich ließ die ganze Sache äußerst entspannt angehen, wollte ich doch die ersten Kilometer bis zum Beginn des Anstiegs zum Stilfser zum Einrollen nutzen. Dementsprechend wurde ich erstmal ordentlich nach hinten durchgereicht. Besonders viele müssen zu der Zeit nicht mehr hinter mir gewesen sein. Auch der Rest der „Kuntabunten“ verabschiedete sich nach vorn, womit ich aber kein Problem hatte. So ging es hinauf zum Reschensee und daran vorbei. Nach und nach kletterte die Sonne über die Berggipfel und bahnte sich den Weg ins Tal. Dennoch ließ mich die Abfahrt vom Reschensee hinunter nach Prad etwas frösteln. Wegen der zu erwartenden Hitze begann ich schonmal damit meinen Körper ausreichend mit Flüssigkeit zu versorgen. Aber was oben reingeht, will unten wieder raus, also wurde bald ein erster Stopp notwendig. Dann war Prad erreicht und es ging rechts um die Ecke, der Computer zeigte 36km, was gleichbedeutend mit dem Einstieg in den ca. 27km langen Anstieg aufs Stilfser Joch war. Nächster Stopp, Windjacke aus, Ärmlinge ablegen, um am Berg nicht mehr als notwendig zu schwitzen. Ab jetzt hieß es Rhythmus und eigenes Tempo finden ohne zu überziehen. Respektvoll begann ich zu Kurbeln und suchte mir einen angenehmen Rhythmus. Kurze Zeit später holte ich Steffi ein, die mich überrascht anschaute, wo ich denn herkäme. Nach einem kurzen Foto im Fahren und gegenseitiger Motivation fuhr ich weiter. Schon jetzt war ich ständig am Überholen vieler anderer Fahrer/innen. Alles fühlte sich gut an, besser als befürchtet und die erste Verpflegung in Trafoi war auch bald erreicht. Bissl was Essen, Trinken und Flaschen füllen und weiter konnte es gehen. Steffi war auch wieder da, wir rollten noch ein paar Meter gemeinsam und mit ein paar motivierenden Worte ihrerseits ging es endgültig in die 48 Serpentinen. Jeder musste jetzt wieder sein Tempo finden. Jetzt hieß es treten, treten, treten. Zum Glück ist der Anstieg recht gleichmäßig und zeigte nur selten zweistellige Prozentzahlen.
So langsam fand ich gefallen daran. Immer weiter ging es hinauf. Mittlerweile gab es kaum noch schattenspendende Bäume und das vor einem liegende Bergmassiv inklusive Gletscher füllte dem gesamten Blickbereich. Auch der Anblick wie sich die Straße am Hang in endlosen Serpentinen nach oben schraubt, um oben am Pass zu Gipfel war beeindruckend. Aber somit wurde einem auch vor Augen geführt, was man noch vor sich hatte. Immer weiter treten, hin und wieder ein schnelles Foto im Fahren und immer wieder vorbei an unzähligen anderen Radlern. Bisher waren wir dank der perfekten Organisation von motorisiertem Verkehr verschont geblieben, je näher es dem Gipfel ging umso mehr Motorradfahrer und Autos mischten sich in die endlose Schlange an Radlern. Die bis dato frische Bergluft mischte sich jetzt mehr und mehr mit dem Geruch von verbrannter Kupplung und Abgasen. Es waren jetzt keine zwei Kilometer mehr bis nach oben und es bildeten sich erste kleine Staus aus Autos, Motorrädern und Radfahrern, da jetzt auch Fahrzeuge entgegenkamen. Einmal führte das sogar für mich zum Stillstand. Marko hatte ich gerade auch völlig unerwartet eingeholt und füllte mir noch schnell die Flasche bis ich nen Haken hinter den Passo dello Stelvio machen konnte. Kurz noch die Windjacke für die Abfahrt überziehen und dann hinunter in die kurvige Abfahrt in die Schweiz. Unten angekommen machte die Sonne unmißverständlich klar, dass sie heute auch noch ein Wörtchen mitreden wolle. Es ging zur nächsten Verpflegung in Sta. Mario, wo Chris und Andy am Straßenrand warteten, da Chris einen Kettenriss zu beklagen hatte. An der Verpflegung noch eine kurze Stärkung mit Banane und Waffel dann konnte es weitergehen. Chris’ Kette war auch wieder fahrtauglich und so ging es zu viert (Marko war auch wieder da) weiter Richtung Ofenpass. Für’s Protokoll: Ofenpass, und die Sonne brannte.
Der Ofenpass war im Vergleich zum Stilfser unrhythmisch und zum Teil längeren Rampen über 10 Prozent Steigung. Die anderen waren inzwischen zurückgefallen und ich fuhr mein Tempo. 13 km sollte es insgesamt bergauf gehen. Was mir aber mehr zu schaffen machte als die Steigungsprozente oder die Länge war die Hitze, der Name Ofenpass hat an dem Tag seinem Namen alle Ehre gemacht. Das hieß: Trinken, Trinken, Trinken. Das tat ich auch und es lief gut, auch wenn auch ich jetzt mal beißen musste, aber ein paar Blicke zurück ins Tal konnte ich mir doch genehmigen. Oben angekommen, gabs wieder eine neue Füllung für die Trinkflasche, dann konnte es in die Abfahrt gehen. Ich fuhr bereits die ganze Zeit überwiegend alleine und so konnte ich meine Belastung kontrollieren, aber bereits jetzt wusste ich, dass nichts mehr schiefgehen sollte, wenn ich darauf achtete, nicht zu überziehen. Bald war Zernez mit der nächsten Verpflegung erreicht. Wie immer das übliche Spiel mit Essen, Trinken und Flaschen füllen. Bevor einer auf die Idee kommt, dass ich recht wenig Essen würde. Ich habe an den Verpflegungen tatsächlich wenig von dem angebotenen gegessen, da meist nur Obst und Müsliriegel gab. Daher füllte ich meine Energiespeicher während der gesamten Strecke immer wieder mit Gels und Energieriegeln aus der Trikottasche aus. Lediglich von den angebotenen Getränken machte ich mehr als reichlich gebrauch.
Ich wartete noch ein paar Minuten auf die anderen, aber da kam keiner, also machte ich mich auf. Die Strecke führte jetzt flussabwärts durchs Inntal auf perfekte Straße nur durch ein paar Baustellen unterbrochen, die aber durch die Organisation perfekt abgesichert waren. Ich erwischte jetzt mal eine kleine Gruppe wo wir uns in der Führung abwechseln konnten. Aber an kleinen Gegenanstiegen und letztendlich in einer schnellen Abfahrt wollte oder konnte mir keiner folgen. Inzwischen standen bereits 150km auf der Uhr, die Sonne brannte immernoch erbarmungslos, aber ich fühlte mich gut. Noch ein paar Tempospielchen zu dritt und die letzte Verpflegung am Fuße des finalen Anstiegs zur Norbertshöhe und damit österreichischer Boden war erreicht. Ein kurzer Zwischenstopp, eine Cola und hinein in die letzten sechs Kilometer bergauf. Jetzt machte es richtig Spaß sich in der Hitze den Pass hinaufzuarbeiten mit dem Wissen, dass es oben auf den letzten Kilometer hinunter nach Nauders ins Ziel gehen würde. So war es dann auch. Das Ziel war nach 8:08h (Bruttozeit) erreicht. Damit konnte jetzt auch der Haken an meine Premiere beim Dreiländergiro gemacht werden. Halbwegs relaxt holte ich mir dann noch mein Finishertrikot ab. Ich weiß, dass es in vielen Bereichen flotter gegangen wäre und die Pausen auch weitaus kürzer hätte fassen können. Aber das war mir nicht wichtig. Mein Ziel, das Durchkommen, war erreicht und alles gut.
Später am Abend gab es dann noch ein gemeinsames, leckeres Abendessen mit dem Team und so ließen wir alle zufrieden diesen tollen Tag ausklingen.

Technische Daten in der Zusammenfassung

  • Kilometer: 166
  • Höhenmeter: 3662
  • Schnitt: 22,5 kmh
  • Brutto-/Nettozeit: 8:08:40h / 7:21:36h
  • Platz: 827