Mit der diesjährigen Teilnahme am 24-Stunden-Radrennen „Rad am Ring“ auf dem Nürburgring im 4er-Team „KunTaBunt Cycling“ wollte ich, nach Ausfällen und wetterbedingten Problemen der letzten Jahre, dieses Rennen endlich komplett bestreiten und damit für mich sagen können, ich habe es geschafft.
Die Vorbereitungen mit den Teamkollegen Marco, Marek und Torsten waren ein paar Tage vor dem Rennen soweit abgeschlossen. Meine Form schien auch zu stimmen, ebenso die meiner Mitstreiter. Es sollte das stärkste Team sein, was von uns bis dato jemals an diesem Rennen teilnehmen würde. Soweit die Voraussetzungen.
Donnerstag Abend dann der erste Schock, als Torsten kurzfristig absagen musste. Jetzt die Frage was tun? Ersatzfahrer? Zu dritt fahren? Wirkliche Sorgen, dass wir es nicht auch zu dritt schaffen würden, kamen bei mir aber in keiner Sekunde auf, wissend um unsere Stärken. Es wurde letztendlich die „zu dritt Nummer“ mit etwas angepasster Renntaktik.
Unsere mittlerweile übliche Vorgehensweise mit Freitagsanreise, Parzelle am Ring sichern und dann ins Hotel wurde entsprechend abgespult.
Samstag morgen ging‘s dann an den Ring. Pavillions aufbauen und alles entsprechend herrichten. Rennstart sollte um 12:25 Uhr erfolgen und ich hatte mir erbeten, den Start fahren zu dürfen. Nichts ist für mich schlimmer, als auf den Rennstart warten zu müssen.
Pünktlich ging‘s los. Da ich gemeinsam mit Volker (der mit Frank im 2er Team unterwegs war) standen wir relativ weit hinten. So begann ich mich von Anfang an vorsichtig vorzuarbeiten, was aber auf Grund der Anzahl vieler Starter zumindest auf dem GrandPrix-Kurs schwierig war. Erst auf der Nordschleife konnte ich viele Plätze holen.
Mein Tempo in der ersten Runden hatte ich als kontrollierte Offensive eingetaktet. So ein 24-Stunden-Rennen wird ja nicht in der ersten Runde gewonnen und die Kräfte müssen eingeteilt werden. Zumal wir ja nur zu dritt waren, was weniger Erholungszeit bedeuten würde.
Die erste Runde lief gut und flott, so dass ich nach ca. 45 Minuten erstmals zum Wechsel an unserer Parzelle vorstellig wurde um auf Marco zu wechseln. 45 Minuten dachte ich, viel zu schnell angegangen. Mal sehen, wann sich das rächt.
Marco flog ebenfalls um den Kurs und wechselte dann auf Marek. Diese Reihenfolge haben wir auch bis zum Ende beibehalten. Die Rundenzeiten von allen dreien, waren weit unter den geplanten Zeiten, die wir im 4er fahren wollten. Ich mahnte mich und die anderen immer wieder zur Vorsicht, dass es noch ein langer Weg sei.
Das Rennen lief und die Wechsel erfolgten weiterhin mit Rundenzeiten unter 55 Minuten. Dann nach Marco‘s zweiter Runde der Schock: dreifacher Rahmenbruch. Rad nicht mehr zu gebrauchen. Alle konnten wir es nicht glauben. Wird jetzt aus dem 4er Team ein 2er Team? Und das bei noch mehr als 16 Stunden? Marco machte sich auf die Suche nach einem Ersatzrad und da ich gerade dran war, fuhr ich meine nächste Runden kräfteschonender, falls Marco nicht weitermachen könnte.
Beim nächsten Wechsel stand aber Marco glücklicherweise mit einem Testrad von Felt (tausend Danke dafür) bereit. Ok, das wäre also auch geklärt, es kann wieder Gas gegeben werden.
So langsam ging es in die Nacht hinein. Mit jeder Runde war spürbar, dass die Beine etwas von ihrer Frische verloren hatten. Aber es hilft nichts. In den Pausen ausruhen, essen und genug trinken. Getrunken hatte ich genug, da ich ständig auf Toilette musste. Das war schon mal ein gutes Zeichen.
Mitternacht war vorüber, wirklich müde war ich noch nicht, legte mich aber trotzdem für eine halbe Stunde aufs Ohr. Großer Fehler. Ich konnte zwar nicht schlafen, aber danach war ich richtig kaputt und matt. Entsprechend langsam war meine nächste Runde. Nur noch eine 55er Zeit stand am Ende auf der Uhr. Und es sollte noch schlimmer kommen.
Die nächste Runde lief gar nicht. Ich war total breit. Der Puls wollte nicht mehr nach oben klettern, Kraft kam kaum noch aus den Beinen, 58 Minuten waren das Ergebnis. Schnell ab ins Hotel und mal kurz ins Bett legen. Ich konnte wieder nicht schlafen. In 20 Minuten würde ich wieder ran müssen. Aber zunächst einmal meinten die Reste der Energiegels sich den Weg nach oben bahnen zu müssen. So hing ich erstmal im Bad. Ich war richtig im A… und dachte ans Aufhören.
Ich schrieb Marco, dass bei mir nix geht, merkte aber an seiner Reaktion, dass Aufhören keine Option war. Den beiden anderen ging‘s es auch nicht viel besser.
Also aufs Rad und langsam wieder zum Ring gerollt und fertig machen. Marek kam und übergab an mich und ich rollte locker los. Einfach nur im Schongang um den Ring rollen, mehr würde nicht gehen. Dachte ich.
Ich kurbelte kontrolliert über den GrandPrix-Kurs und merkte schon, dass es gar nicht so schlecht ging. Irgendwie habe ich mich auf dieser Runde erholt und konnte sogar die Rundenzeit sogar wieder auf ca 55 Minuten drücken. Ich wusste, jetzt würden wir es schaffen. Beim Wechsel rief ich Marco zu, dass alles bei mir wieder Ok sei.
Jetzt müsste ich eigentlich was Essen. Wollte ich aber wegen meinem Magen nicht. Also nur etwas Wasser trinken und ein trockenes Brötchen.
Dann ging die Rechnerei los. Wann müssen wir über Start/Ziel sein, um noch eine letzte Runde fahren zu dürfen? Wieviel Abstand haben wir in den Zwischenzeiten? Wir lagen auf einem 70. Gesamtrang für 4er Teams und nach vorn und hinten jeweils nur wenige Sekunden. Also nachlassen geht nicht. Wenn wir weiter unter einer Stunde pro Runde fahren, können wir die 27 Runden schaffen. Aber es würde knapp. Da ich mich mittlerweile gut erholt fühlte, würde ich meine finale Runde auf Angriff fahren und wollte Marco und Marek 5 Minuten rausfahren. Ansage gemacht, Runde mit Druck gefahren, Wechsel nach 50 Minuten. Marco stand noch nicht mal richtig bereit.
Es war unglaublich. Die Runde lief als wäre es die erste gewesen. Ich flog nur so um den Kurs und an unzähligen anderen Teams vorbei. Die werden sich wohl auch gedacht haben, was für ein bekloppter 2 Stunden vor Schluss noch so ein Tempo vorlegt. Ich fuhr alles was ging, keiner hatte die Chance sich an mein Hinterrad zu hängen, das wollte ich auch nicht mehr zulassen. Rauf auf die Hohe Acht, zum letzten Mal, und Richtung Döttinger Höhe. Nochmal rein in den Gegenwind und die letzte Welle hinauf zu Start und Ziel. Transponderübergabe. Feierabend! Marco und Marek würden vollenden. Und sie taten es.
So stand am Ende der 69. Gesamtrang von weit über 500 4er-Teams zu Buche. Und das mit nur drei Fahrern! Wir alle konnten richtig stolz auf uns sein. Was für ein Rennen.
Anschließend ließen wir das Rennwochenende bei einem gemeinsamen Abendessen mit den Mädels vom Avia Racing Team ausklingen.
27 Runden; Gesamtplatz 4er Teamwertung: 69; Platz Altersklasse: 32
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